Greensill-Skandal: Zweifelhafte Rechtmäßigkeit. 10 Mio. Euro Steuergelder stark gefährdet. Öffentlichkeit getäuscht. Frau Grabe-Bolz, treten Sie zurück!
Nach Bekanntwerden des drohenden Verlustes städtischer Anlagen bei der in Turbulenzen geratenen Greensill-Bank i.H.v. insgesamt 10 Millionen Euro stellen sich für die Freien Demokraten weitere Fragen, die über die Frage, warum nach der Rating-Herabstufung durch Oberbürgermeisterin Grabe-Bolz im Dezember weitere 5 Millionen Euro dort angelegt wurden, hinausgehen und die Zulässigkeit der Anlagen insgesamt und den Wahrheitsgehalt der Ausführungen der Oberbürgermeisterin Grabe-Bolz (SPD) betreffen.
Dazu führt der Stadtverbandsvorsitzende Dominik Erb aus: „Nach der städtischen Anlagerichtlinie müssen Geldanlagen zum Anlagezeitpunkt ein Bonitätsrating von mindestens BBB+ bei Standard & Poor’s oder Baa1 bei Moody’s aufweisen. Beide Agenturen dominieren mit über 90% Marktanteil das weltweite Bewertungsgeschäft. Dabei nimmt die durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossene Richtlinie ausdrücklich Bezug auf diese beiden Rating-Agenturen. Lediglich bei Sicherungseinrichtungen des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken (BVR) und Raiffeisenbanken sowie des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DGSV) sind diese Ratings nicht erforderlich. Im Fall der Greensill-Bank erfolgte sowohl das Rating im Oktober als auch im Dezember weder durch S&P noch durch Moody’s, sondern vielmehr durch Scope Ratings. Insofern dürfte die Anlage entgegen den Ausführungen der Oberbürgermeisterin nicht von der Richtlinie gedeckt und damit unzulässig gewesen sein.“
Darüber hinaus stellen die Freidemokraten auch den Wahrheitsgehalt der Behauptung der Oberbürgermeisterin in Frage, dass erst nach der ersten Anlage im Oktober ein Downgrade im Rating erfolgt sei.
Dazu sagt der Fraktionsvorsitzende Dr. Klaus Dieter Greilich: „Entgegen der Behauptung der Oberbürgermeisterin erfolgte ausweislich der Homepage von Scope Ratings das Downgrade auf BBB+ mit zusätzlich negativer Prognose bereits am 17. September 2020 und damit vor der ersten Festgeldanlage im Oktober. Damit war bereits zu diesem Zeitpunkt erkennbar, dass die dort getätigten Anlagen alles andere als sicher sein dürften. Alles deutet darauf hin, dass die Oberbürgermeisterin entweder nicht weiß, was sie tut oder sich bewusst über die Richtlinie hinweggesetzt sowie die Stadtverordneten und die Öffentlichkeit insgesamt falsch informiert hat. In beiden Fällen ist ihr Rücktritt unausweichlich, wenn es ihr nicht gelingt, den Sachverhalt unverzüglich aufzuklären.“
Auf die Behauptung der Magistratssprecherin, die Richtlinie lasse auch Anlagen zu, die nicht durch Standard & Poors oder Moody’s bewertet wurden, erklären Dominik Erb und Dr. Klaus Dieter Greilich:
„Entgegen der Auslegung der Richtlinie zu Geldanlagen der Universitätsstadt Gießen durch den Magistrat trifft diese nach ihrem Wortlaut sehr wohl eine Eingrenzung auf die Rating-Agenturen Moody’s und Standard & Poors und schließt hierdurch andere Rating-Agenturen aus. Wäre etwas anderes gewollt gewesen, hätte man dies durch Zusätze wie „z.B.“ oder „ö.ä.“ kenntlich machen müssen. So ist der Wortlaut eindeutig. Dies ist auch vor dem Hintergrund, dass beide Agenturen einen weltweiten Marktanteil von etwa 90 % beherrschen, keineswegs per se fraglich. Anlagen bei regionalen Banken trägt die städtische Richtlinie darüber hinaus in Ziffer 4 Abs. 3 Satz 3 Rechnung, indem ausdrücklich klargestellt wird, dass ein Rating bei den Sicherungseinrichtungen des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken (BVR) und Raiffeisenbanken sowie des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DGSV) nicht erforderlich ist. Insofern ist es auch unzutreffend, dass durch die wortlautgetreue Auslegung der Richtlinie die Zusammenarbeit mit regionalen Banken mit der Stadt Gießen ausgeschlossen sei, weil diese nicht über ein Rating durch S&P oder Moody’s verfügten. Sollte Oberbürgermeisterin Grabe-Bolz (SPD) auf ihrem jetzigen Standpunkt bleiben, wird nichts anderes übrigbleiben als den Sachverhalt dahingehend durch eine unabhängige Stelle prüfen zu lassen. Jedenfalls kann die Stellungnahme nicht die aufgeworfenen Vorwürfe entkräften.
Auch wird durch diese nicht die Fehlinformation der Öffentlichkeit durch die Oberbürgermeisterin erklärt. Es bleibt dabei, dass diese nachweislich wahrheitswidrig behauptet hat, dass das zugrunde gelegte Rating der Agentur Scope Ratings im Oktober bei A- gelegen habe, obwohl bereits am 17. September das Downrating auf BBB+ mit negativer Prognose erfolgte.
Letztlich trägt Oberbürgermeisterin Grabe-Bolz (SPD) sowohl für die bewusste Falschinformation der Öffentlichkeit als für die durch sie vorgenommene wortlautsprengende Auslegung der Richtlinie die politische Verantwortung und sollte unverzüglich ihr Amt zur Verfügung stellen.“